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Eine musikalische Zusammenarbeit mit der staatlichen Musikhochschule Karlsruhe, Schloß Gottesaue unter der Leitung des Professors Wolfgang Gürtler und Stipendiaten.

 

Bildunterschrift
Kloster Frauenalb / ©Foto: Peter Empl


☐ Pressetext

Auf der Suche nach dem Gesamtkunstwerk und nach der Kraft der Stille
Georg Schalla hat in der Klosterruine Frauenalb „L’Entendre du Silence“ inszeniert. Noch bis Sonntag Konzerte zu großformatigen Bildern des Künstlers
„Im Namen der Rose“ wurde in Klostermauern gemordet, „Carmina Burana“ erklang neu gesampelt in der Disko. Die Welt des Mittelaltersentwickelt in unserer digitalen Hyperzeit ihren eigenen Reiz. Sie erzählt von einer Umgebung der Stille und der Andacht. Das Silentium, die Zeit des Schweigens, gebar tiefe Einsichten. Religiöse Versenkung als meditative Übung, um der spirituellen Kraft Gottes nachzuspüren. Stressgeplagten Managern und hektischen Großstädtern fehlt heutzutage die innere Ruhe, um das Schweigen zu hören. „L’Entendre du Silence“ nennt der Maler und Projektkünstler Georg Schalla sein neuestes Gesamtkunstwerk. Die ausgebrannten Gemäuer des Frauenalber Klosters dienen ihm hierbei als perfekte Kulisse (…). Monumentale Leinwände geben das bewegte Schauspiel miteinander ringender, sich gleichermaßen abstoßender wie anziehender Körper wieder. Die unbedachte Ruine wird zur Kulisse für die Bühnenbilder, die erst, wenn die Musik erklingt und die hellen Scheinwerfer das nächtliche Spektakel illuminieren, vollendet sind.
Zusammen mit Wolfgang Güttler, der an der Musikhochschule Karlsruhe lehrt, hat Schalla eine Konzertreihe zusammengestellt, um die Dynamik der Bilder in Klangfigurationen erfahrbar zu machen. Silentium, während des Schweigens ist Hören und Sehen erlaubt, nur den Gedanken wird es verwehrt sich auszutauschen, zu kommunizieren. Daher ist es konsequent, wenn der Maler über seine Bilder wenig preisgibt: „Ich war lange Jahre Meßdiener“, berichtet er, „natürlich prägt diese Erfahrung“.

Georg Schalla, der vor seinem Studium an der Karlsruher Akademie als Bühnenmaler tätig war, entdeckte die Brandruine bei seiner Suche nach inspirierenden Räumlichkeiten. Denn seine Bilder verlangen nach Kontext, nach Austausch mit der Umgebung. Sterile Galerieräume lehnt er ab. Wie im Theater sucht er nach der Verbindung unterschiedlicher Ausdrucksformen: Architektur, Malerei, Musik. „Mit dem menschlichen Körper kann man alles darstellen“, erläutert der Maler. Daher gilt seine besondere Vorliebe dem Tanz, der die Choreographie seiner Bilder vorgibt. Die Gemälde explodieren durch die Dynamik der Pinselschwünge und der Farbturbulenzen. Da stürzt ein Menschenknäuel aus luftig blauer Höhe hinab und fällt in der nächsten Szene auf den schwarz-blau züngelnden Schlund der Hölle zu. Das irdische Geschöpf erklimmt auf der nächsten Leinwand die graue Weltkugel und blickt erwartungsvoll zum Himmel. Im grellgelben Tageslicht wirbeln die Figuren durcheinander, bemerken bei ihrem Kampf die Energie der Sonne nicht.

Wie auf einem Warnschild wird der Betrachter aufgefordert, innezuhalten, dem Schweigen zu lauschen. Das Gotteshaus ist das Herzstück jeder Klosteranlage, und noch 150 Jahre nach der Säkularisation wohnt dem steinernen Gerippe in Frauenalb eine spirituelle Macht inne. Unabhängig davon, ob man bekennender Christ ist, provoziert die Umgebung zur liturgischen Lesart. Auf der rechten Seite unweit des Ostportals hängt das dunkle Gemälde einer stillen Prozession. Von drei Trägern gestützt, liegt der Leichnam Christi auf einer Bahre. Rot flammende Konturenversetzen das Bild in einen ekstatischen Rausch. Wenngleich das Wetter den Initiatoren des Frauenalber Kulturfestivals bislang nicht gut gesinnt war, plant Georg Schalla bereits für die nächste Saison. Sein Bestreben, so der Künstler, sei es, Musik und Bild noch enger zu verzahnen. Eigene Kompositionen wünscht er sich zu einem Theaterraum, der bereits in Skizzen und Modellen existiert. Die Wandrequisiten sollen musikalisch bespielbar werden und somit die Aufführung einer Performance gleichen. Ein Gebet jetzt schon könnte nicht schaden, um die Regengeister zu vertreiben, ansonsten ist das Konzept stimmig.

Barbara Könches, BNN Karlsruhe, Mai 1989


☐ Bilder ©Fotos: Peter Empl